Als seinerzeit die Post ihre Packstationen einführte, habe ich mich natürlich umgehend dafür registriert. Was Neues? Probiere ich doch gerne aus.
Einige Tage nach der Registrierung bekam ich zwei Plastikkarten, eine PIN, ein Passwort sowie weitere Zugangsdaten zugeschickt. Per Post. Das killte meine Experimentierfreude in der gleichen Sekunde und im Grunde genommen ahnte ich da bereits, dass ich wahrscheinlich niemals diese Packstationen nutzen würde.
Dabei ist es tatsächlich bis heute geblieben. Was ich hingegen vor einigen Wochen mal ausprobiert hatte, war die Packstation von Amazon, die sich „Locker“ nennt. Was für deutsche Ohren zwar richtig bescheuert klingt, weil man sich für seine Lieferung mit Sicherheit das Gegenteil einer „lockeren“ Aufbewahrung wünscht aber man hat hier wohl einen englischsprachigen Begriff benutzt, der etwas Anderes bedeutet. Meinetwegen. Der Name ist an sich ja auch Wurscht.
Warum habe ich „Locker“ ausprobieren wollen? Zum Beispiel, weil ich nicht mal eine Registrierung brauchte. Keine Plastikkarte. Keine Passwörter oder PINs. Amazon-Account langt. Amazon lädt einen also, anders als die Post, regelrecht dazu ein, das Ganze mal auszuprobieren. Ich wollte wissen, wie das funktioniert und habe also einfach mal an einen der diversen Locker bestellt, die es in meiner Stadt inzwischen gibt. Es sind nicht ganz so viele wie Packstationen aber trotzdem deutlich mehr, als ich gedacht hätte, schließlich ist es eine Kleinstadt. Es gibt einfach eine Liste von vier oder fünf Adressen, es steht auch jeweils die Adresse dabei und so ein Zusatz wie „Shell-Tankstelle“. Auf die Art sehe ich ratz fatz, welcher Locker für mich der bequemste ist und wähle ihn aus und bestelle.
Am Liefertag bekomme ich einen Barcode, bzw. eine Zahl via App und via E-Mail zugesendet. Damit bewaffnet fahre ich zur Shell-Tankstelle, auf der sich die Packstation befindet. Die Konsole daran lässt mir die Wahl: Code Scannen oder Nummer manuell eintippen? Man braucht also nicht beides, es ist Amazon einfach scheißegal, wie man es eingibt! Ich tippe die Nummer ein, spare mir so das Raussuchen der E-Mail, denn die Nummer habe ich sowieso grade auf dem Handy. In der Sekunde, als ich die Eingabe beendet, springt auch schon das Fach auf. Ich nehme mein Päckchen, mach die Tür wieder zu, fertig. Auf dem kurzen Weg zurück zum Auto versuche ich zu verarbeiten, wie einfach das gewesen ist.
Zeitsprung: Ein paar Wochen später bekomme ich Terminprobleme wegen der Lieferung einer Mondrakete. Die soll lieber nicht kommen, wenn ich nicht zuhause bin, ich möchte auch nicht riskieren, dass der relativ große Karton unnötig lange draußen in der prallen Sonne oder sogar im Regen rumliegt. Leider habe ich nicht bei Amazon gekauft, sondern bei einem großen deutschen Einzelhändler. Es bleiben also nur die Möglichkeiten, die DHL so bietet. Mir schwant böses, als ich tapfer auf den Link klicke, der zu den Lieferoptionen von DHL führt.
Und mit was? Mit Recht! Okay, theoretisch kann man hier tolle Sachen machen. Einen Ablageort einrichten, das Lieferdatum ändern – und einen anderen Zielort angeben. Zum Beispiel den Nachbarn, irgendeine Postfiliale – aber auch eine Packstation.
„Hm, Packstation,“ denke ich so. Soll ich der noch mal eine Chance geben? „Lieber nicht!“ beschließe ich. Ich kann das Paket ja an eine Filiale liefern lassen, das da innerhalb der Öffnungszeiten abzuholen ist normalerweise kein Problem für mich. Warum also kompliziert, wenn es auch einfach geht?
Um eine Filiale zu finden, muss man zunächst die Postleitzahl eingeben. Das ist recht nervig. Denn in meinem Fall tragen zwei Orte in zwei unterschiedlichen Gemeinden die gleiche Postleitzahl. Nur, dass der Name der anderen Gemeinde mit einem „D“ beginnt und diverse Ortsteile besitzt. Die Filialliste, die sich nach Eingabe der Postleitzahl öffnet, ist also sehr lang, beinhaltet aber bis auf den letzten Punkt ausschließlich Orte, die sehr weit entfernt liegen. Der letzte Punkt ist ein Ortsteil in meiner Gemeinde. Dummerweise ist auch das alphabetisch geordnet, man fängt also nicht etwa mit dem Zentrum (immerhin Kreisstadt) an, sondern mit einem der 13 Ortsteile. Da dessen Name mit „Ba“ anfängt, steht in dieser Liste nach Eingabe meiner Postleitzahl ausschließlich und ernsthaft der am weitesten entfernteste Ortsteil von allen drin.
Ich fange noch mal von vorne an und tippe Postleitzahl und den Namen meiner Gemeinde ein. Die eigentliche Postfiliale, die eigentlich jeder meint, wenn er von „Post“ redet, befindet sich logischerweise mitten in der Stadt. Unlogischerweise wird genau die nicht angezeigt, dafür habe ich jetzt eine Übersicht aller 13 Ortsteile. Was interessant ist, weil nicht jeder dieser Ortsteile über Filialen oder Packstationen verfügt… insbesondere in meinem Ortsteil gibt es keine. Das weiß ich sicher. Trotzdem kann ich nicht anders als auf den Namen meines Dorfes zu klicken. Ich will nämlich wissen, was die DHL-Spaßvögel mir da so anzeigen.
Ich klicke. Und es erscheint ein Bogen der Elbe, in dessen Mitte mir drei oder vier Filialen angezeigt werden. „Ihr Spacken,“ denke ich, denn dieses Phänomen kenne ich nur zu gut: Man misst mal wieder Luftlinie. Die Elbe ist ein paar hundert Meter breit und die nächsten Brücken sind eine halbe Stunde entfernt. Kein Mensch bei Verstand wird sich jemals freiwillig irgendwas auf die andere Elbseite liefern lassen und hätte DHL ein System, dass die Straßenführung zur Grundlage machen würde, statt der Entfernung per Luftlinie, würde einem so ein Quatsch gar nicht erst angeboten. Mich erinnert das kurz an das Erlebnis, als DPD mal beschlossen hatte, dass sich auf der anderen Seite der Elbe „der nächste Paketshop“ befinden würde und so einen Abholvorgang von 1,5 Stunden auslöste. Das Gute ist, dass man sich auf die Art halt auch mal auf der anderen Elbseite umsehen kann, kommt man ja sonst nur selten mal hin…
…aber das möchte ich diese Woche nicht. Ich gehe also noch mal zurück und gebe nun Postleitzahl, den Namen meiner Gemeinde und noch einmal den Namen meiner Gemeinde ein. Jetzt zeigt man mir endlich den Namen der Gemeinde ohne weiteren Ortsteil-Zusatz an, also die Kernstadt, also den Ort, an den ich eigentlich von Anfang an liefern lassen wollte. Ich klicke drauf. Die Zoomstufe ist etwas unübersichtlich, zumal die Karte jeden kleinen Paketshop und jede Packstation auflistet. Das sind mehr, als ich dachte, dummerweise sind die so groß in die Karte eingezeichnet, dass ich mich kaum verünftig orientieren kann. Ich zoome ran. Jetzt bin ich so nahe, dass ich mich wirklich durch einzelne Straßen hangeln muss. Ich komme aber bei der eigentlichen Postfiliale an, sehr gut. Ich klicke sie an. Hierhin liefern, bitte. Klick.
Unvermittelt springt die Anzeige wieder auf die andere Elbseite und tut so, als hätte ich dort eine Packstation ausgewählt. Weiß der Kuckuck warum. Ist mir auch egal, ich ziehe die Karte jetzt einfach manuell etwas nach Süden. Zoome wieder ran, hangele mich wieder durch die Straßen meiner kleinen Stadt, finde die Post, klicke – Und wieder bin ich drüben in Hamburg.
Entnervt gehe ich die übrigen Optionen durch. Ich verlege den Empfangstag so weit es geht nach hinten und schreibe möglichst genaue Ablageinformationen auf. Das funktioniert mal besser und mal schlechter, es ist ne Lotterie. Aber egal. Die Filialauswahl funktioniert ja nicht und Packstation… ich wäre sogar bereit gewesen, nach all den Jahren der Packstation ihre Chance zu geben! Aber doch nicht, wenn ich dafür erst eine Landesgrenze und einen ziemlich breiten Fluss überqueren muss.
Trotzdem frage ich mich, ob das mit der Packstation denn, wenn DHL seine Software im Griff hätte, denn theoretisch hätte hinhauen können. Ich google also ein wenig und stelle fest, okay, den festen Account braucht man nicht unbedingt, dieser ganze Firlefanz mit PIN und Passwort und Plastikkarten ist nicht mehr nötig.
Trotzdem ist der ganze Vorgang mindestens drei Mal so umfangreich, wie bei Amazon. Allein dieses absurde Unterschreiben auf einem Bildschirm – was die Post ja auch an der Haustür gerne von einem verlangt – ist so ein Ding, dass mich regelmäßig an der Menschheit zweifeln lässt.
Trotzdem gut zu wissen, dass Packstation theoretisch möglich wäre, auch ganz ohne PINs, Plastikkarten und Passwörter. Falls beim nächsten Mal die Software funktioniert, versuche ich es vielleicht sogar.